Richtige Entscheidungen zu treffen, kann ein intelligenter Mensch lernen, zumindest "im Prinzip". Meist aber ist das Lehrgeld sehr hoch, denn man bezahlt dafür mit vielen falschen Entscheidungen. Es gibt aber einige Erfahrungen für Entscheidungen, die oft gelten und diese gebe ich hier an.
Entscheiden heißt zwischen mehreren Alternativen, meist mit einigen Randbedingungen, auszuwählen. Wer sich formal damit beschäftigen will, kann im Lexikon nachschauen. In der Praxis aber heißt richtig entscheiden, "erfolgreich zu sein" oder im persönlichen Bereich "glücklich zu werden". Private Entscheidungen und geschäftliche haben oft eine sehr unterschiedliche Basis.
Richtig ist eine Entscheidung, wenn sie zum Ziel führt, ein Problem löst oder glücklich macht. Optimal ist eine Entscheidung, wenn sie schnell und mit wenig Aufwand zum Ziel führt oder wenn sie nur das Problem löst und keine neuen Probleme schafft, das heißt keine Nebenwirkungen hat. Als klug werden jene bezeichnet, die uns ein gutes Gefühl geben.
Endgültig bewerten kann man eine Entscheidung immer erst im Nachhinein, wenn man alle ihre Folgen erleben muss. Man wird dabei feststellen, dass nicht nur der eigene Beitrag massgeblich war, sondern dass immer auch äußere Umstände, wie Glück oder Pech, eine Rolle gespielt haben.
Meist muss man seine Entscheidung später rechtfertigen. Entweder ganz formal vor einem Gericht oder zumindest vor dem Urteil der Familie, der Öffentlichkeit oder der Historiker. In jedem Fall aber vor sich selbst und seinem Gewissen. Um es gleich vorweg zu nehmen, immer nur richtige Entscheidungen zu treffen, ist für Nomalsterbliche unmöglich.
Es gibt simple Entscheidungen, aber auch Entscheidungen im komplexen Umfeld. Beide unterscheiden sich stark voneinander. Erstere können wir fast mechanisch treffen, ohne viel nachzudenken. Einfach wird das Entscheiden auch, wenn es eine bewährte Theorie gibt. So wird niemand lange darüber grübeln müssen, wieviel 2 mal 2 ist, wenn wir zuverlässig wissen, dass das Ergebnis 4 ist. Auch alles, was wir "als Tier" instinktmäßig beherrschen, werden wir eher schnell und richtig entscheiden können.
Einfach sind auch die meisten Entscheidungen, bei denen wir uns auf unsere Kultur, die ja auch nichts anderes ist, als gelebte und bewährte Erfahrung, verlassen können. Auch etablierte moralische oder ethische Grundsätze erleichtern Entscheidungen. So war es bei meinen vielen Berufswechseln wichtig, dass der Chef angenehm war und mein persönlicher Mehrwert gestiegen ist. Der Rest war eher unwichtig.
Auch wenn ein großer Erfahrungsschatz, zum Beispiel in Form von Berichten, eines Handbuchs, eines Prozesses (z.B. Kochbuch) oder einer Bürokratie-Anweisung vorhanden ist, können wir leicht entscheiden, wenn wir diese Erfahrungen für uns nutzen können. Das Internet hat uns dabei einen Quantensprung gebracht. So hat heute kaum noch jemand das Problem das richtige Produkt für sich zu finden oder auch kaufen zu können, die vielen Erfahrungsberichte im Netz haben uns die Entscheidungen sehr erleichtert.
Noch relativ leicht sind Entscheidungen, für die es Fachexperten gibt. Gegen Honorar bekommt man dort die - hoffentlich meist - richtigen Antworten.
Schwieriger sind jetzt komplexe Situationen. Für sie gibt es meist noch keine Theorie, keine Erfahrung, keine Vorbilder, keine Kultur, wenig Zeit zum Überlegen und trotzdem ist Handeln angesagt. Kämpfen oder fliehen, so ist ein Grundmuster für diese Entscheidungen, von denen auch der deutsche Name kommt: Soll ich das Schwert in der Scheide lassen oder soll ich es ziehen?
Gute Entscheidungen zu treffen, die auch langfristig Bestand haben, ist keine leichte Aufgabe und ich habe Sympathie dafür, dass man Manager und Politiker, die sie treffen, auch gut dafür bezahlt. Denn in ihnen steckt unheimlich viel Wissen und Erfahrung und man bezahlt nicht nur eine aktuelle Entscheidung, sondern auch die ganze Vorarbeit dafür. Ich habe an meinem 50. Geburtstag (der für mich auch der Beginn des Vorruhestands war), einmal abgeschätzt, wieviel Geld in meiner Firmen - Ausbildung gesteckt hat. Allein die Kursgebühren in meiner etwa 20 Jahre dauernden Tätigkeit haben 250.000 Euro gekostet. Dazu kommen noch die Kosten des Studiums und der vorhergehenden Tätigkeiten.
Ich muss deshalb lachen, wenn man sich in Deutschland, wo Neid gerne gepflegt wird, daran stört, dass gute Manager so teuer sind und oft mehr als das100 fache des Gehaltes ihrer Mitarbeiter bekommen. Sie leisten in vielen Fällen auch mehr als mehr als ihre 100 Mitarbeiter. Unverdient sind in meinen Augen nur die hohen Prämien für Versagen, die leider auch bezahlt werden.
Viele Menschen wissen zwar theoretisch, wie sie Entscheidungen treffen könnten, aber sie können sich nicht dazu motivieren, es auch wirklich zu tun. Für sie empfehle ich das Kapitel "Aller Anfang wird leicht".
Man sollte sich nichts vormachen: Entscheidungen sind selten wirklich rational und sie können relativ leicht manipuliert werden. Wer es nicht glaubt, schaue sich dieses kurze Video dazu an.
Ob jemand nun entscheidungsfreudig ist oder eher Entscheidungen meidet, wird von vielen persönlichen, aber auch äußeren, Faktoren abhängen. In einer Diktatur, wo jede falsche Entscheidung tödlich sein kann, wird man sich anders verhalten, als in einer reichen, liberalen Umgebung, die Fehler leicht tolerieren kann und wo es völlig unkritisch ist, was jemand macht.
Wer großzügig und selbstbewusst ist, wird leichter entscheiden, als ein kleinlicher, unsicherer Perfektionist. Wer ehrlich und offen handelt, entscheidet ebenfalls leichter, als der oder die, die verschlagen oder raffiniert gelten wollen.
In Summe aber ist es für den Wohlstand des Einzelnen, wie auch für Volkswirtschaften, entscheidend, dass viele Entscheidungen relativ schnell getroffen werden und dass ein Großteil davon richtige Entscheidungen waren.
Nur wenn mich etwas betrifft und nur wenn ich es beeinflussen kann, brauche ich mich zu entscheiden.
Soll ich, soll ich nicht? | Es betrifft mich |
||
Ja |
Nein |
||
Ich kann es beeinflussen |
Ja |
Ja, handeln |
Nichts tun |
Nein |
Beobachten |
Vergiss es |
Obwohl dies doch ganz plausibel klingt, halten sich wenige Menschen daran. Besonders junge, engagierte Menschen und besserwissende Alte, denen oft langweilig ist, glauben sich überall einmischen zu müssen, auch wenn es sie überhaupt nichts angeht.
Wer zuviel entscheiden will, verzettelt sich, denn jede Entscheidung kostet Kraft, die man sich besser für wichtige, persönliche Entscheidungen aufhebt. Oft ist es auch gefährlich sich einzumischen und mit jeder Entscheidung mischt man sich ein.
Leider ist es in unserer komplexen, vernetzten Welt nicht immer ganz einfach festzustellen, ob mich etwas betrifft. Aber vieles, worüber sich die Leute aufregen und diskutieren, betrifft sie definitiv nicht. Sie sind nur Opfer einer Medienindustrie, die es ihnen einredet. Wer es nicht glaubt, braucht nur die Nachrichten zu analysieren.
Für Default haben wir im Deutschen keinen guten Begriff, Voreinstellung oder Ersatz treffen den Sachverhalt nicht genau. Wer nicht entscheidet, trifft aber trotzdem eine Entscheidung, es gilt nämlich die, die andere (für ihn) entscheiden oder schon entschieden haben.
Gerade wenn Entscheidungen nicht einfach sind, werden sie umgangen und nicht ausgeführt. Schon ein geringer Anstieg der Komplexität kann so zum Nichtstun führen. Eine Motivation dafür ist, dass beim Nichtstun auch keine Fehler gemacht werden können, was natürlich in der Praxis nicht stimmt!
Wer dies verhindern will, sollte versuchen die Folgen des Entscheidens besser zu visualisieren, damit wir auch mit unseren unzureichenden, kognitiven Fähigkeiten in der Lage sind, Entscheidungen so zu treffen, dass sie mit unserer Absicht harmonieren.
Nichts zu tun ist die menschliche Standardreaktion, wenn die Entscheidungen sie überfordern. In diesem Fall ist der, der eine Entscheidung herbeiführen will, gut beraten, das Problem und die Lösungen so aufzubereiten, dass sie verstanden werden.
Auch bewusst nichts zu tun, kann durchaus eine sinnvolle Entscheidung sein. Wenn die Priorität des Problems eher niedrig ist, wenn die Chance groß ist, dass das Problem durch Handeln eher noch zunimmt, warum sollte man dann was tun?
Ich habe lange gebraucht, um zu lernen, dass es viele temporäre Probleme gibt, die von selbst wieder vergehen und dass jede Aktion dazu nur vergebliche Mühe darstellt. Die Kunst ist nur zu wissen, dass aus den kleinen Anfangsproblemen nicht dann später große, ja oft riesige Probleme entstehen.
Wer klug ist, behandelt auch solche Probleme wie andere, notiert sie und überprüft regelmäßig den Status, nämlich, ob das Aussitzen immer noch die richtige Lösung ist.
Eine sehr häufige Strategie, die durchaus Sinn macht, wenn es gute, erfolgreiche Vorbilder gibt. Ich habe viel von guten Vorbildern profitiert und mich bei manchen Entscheidungen gefragt, welche Wahl sie getroffen hätten.
Bei vielen Phänomenen ist es sogar richtig, mit der Masse zu gehen. Nicht, dass auch diese sich irren könnte, aber es bietet viel Schutz und macht den Aufwand für Entscheidungen klein.
Natürlich kann man auch wie bei den Lemmingen dabei untergehen, aber es wäre unklug deshalb diese Strategie überhaupt nicht in Betracht zu ziehen.
Hier wird nicht von der langen Bank gesprochen, wo man nur hinausschiebt und keinerlei Vorbereitungen trifft. Viele Entscheidungen können in Stufen verlaufen und man muss nicht gleich am Anfang alles im Voraus entscheiden.
Oft ist es günstig, zwar schnell zu beginnen, aber nur soweit wie nötig zu entscheiden und damit Zeit zu gewinnen, um mehr Erfahrungen sammeln zu können. In der Computertechnik nennt man diese Methode "late binding".
Gerade wenn man die Anfangsentscheidungen so treffen kann, dass man möglichst viele Optionen sich offenhält, dann ist das Hinauszögern kein Nachteil, weil trotzdem vorbereitet ist.
Man erspart sich aber u.U. hohe Kosten, wenn die Gesamtentscheidung sich doch nicht als so glücklich erweist, wie man es sich erhofft hat.
Die wenigsten realen Entscheidungen sind korrigierbar. Man kann kein billiges UNDO machen, wie es die Binärgeneration immer gerne glaubt. Einmal entschieden, muss man mit all den Folgen leben oder zumindest kostet eine Reparatur der Entscheidung unverhältnismäßig viel Aufwand.
Es ist daher wichtig, sich zu versichern, ob man eine Entscheidung leicht korrigieren kann. Nur in diesem Fall wird man wesentlich schneller entscheiden können, weil das Risiko auch viel geringer ist.
Korrigierbare Entscheidungen sind der Trick, mit dem man Zaudernde überzeugen kann. Man bietet ihnen an, dass sie eine gewisse Probephase haben. Die Entscheidung wird dann erst bindend, wenn sie lange genug versuchsweise ausprobiert wurde.
Obwohl diese meist ziemlich unkritisch sind, werden sie gerne rausgezögert, besonders von Perfektionisten. Sie können sich nicht entscheiden, weil die Unterschiede nicht deutlich genug sind. Hier sollte man sich angewöhnen, wirklich schnell zu entscheiden. In solchen Fällen kann man auch losen oder würfeln. Das hilft mehr, als weiter über ein unbedeutendes Problem zu grübeln.
Muss man sich zwischen unkritischen Alternativen entscheiden, die alle nicht das Gelbe vom Ei sind, dann trifft die Wahl meist das kleinste Übel. Nach der Entscheidung wird man damit zwar nicht allzu glücklich sein, aber man hat das Problem wenigstens weg vom Tisch.
Bei all diesen Aktivitäten trifft man Entscheidungen in einem künstlichen Umfeld, wo die Fehlentscheidung keinen großen Schaden anrichten kann. Erst wenn der Test geklappt hat, überträgt man die Entscheidung auf eine reale Umgebung.
Ein großer Vorteil, neben der Schadensbegrenzung, ist, dass man ein wesentlich besseres Verständnis für das Problem entwickelt, wenn man es anschaulich macht und z.B. auch in mehreren Varianten zu lösen versucht.
In der Politik macht man diese gerne durch Versuchsballons, z.B. in Form von Gerüchten. Stosst das Gerücht auf allgemeine Ablehnung, dann hat auch die Durchsetzbarkeit nur geringe Chancen.
Bei Produkten auf vielen Märkten muss man sich immer erneut klar machen, dass man nicht selbst entscheidet, was der Markt verlangt, sondern dass man nur Angebote macht und schaut, was läuft oder was nicht ankommt.
Tests kann man in vielerlei Form ausprobieren, man muss daran denken, dass man diese Option hat.
Keine Entscheidung ohne Beratung, das ist ein Prinzip, das in vielen Kulturen gilt. Das Wichtigste an der Beratung scheint mir zu sein, dass man sich noch einmal genauer über die Sache, die Alternativen und auch die Folgen einer Entscheidung klar wird.
Es ist gar nicht immer notwendig, dass der Berater ein Top-Fachmann ist. Es ist schon hilfreich, wenn man versucht ,das Problem und seine Lösung jemandem zu erklären, warum und wie man etwas machen will und sich dann kritische Rückfragen anhört.
Wenn auch oft nur ein Einzelner die Verantwortung tragen muss, so sind für ihn die Meinungen der anderen wichtig. Er kann sich damit absichern, gleich die Hintergründe seines Handels kommunizieren und wahrscheinlich die Risiken besser abschätzen.
Bei mehreren Meinungen hat man leicht die Qual der Wahl. Wenn es nun Experten sind, passiert es leicht, dass sie stark divergierende Meinungen haben werden. Wem glaube ich nun? Es gewinnt meist der, der den sympathischsten Eindruck macht oder der, der die Position des Entscheiders stärkt. Beides muss nicht unbedingt optimal sein! Berater sollen auf keinen Fall Entscheidungen abnehmen, da sie andere Interessen verfolgen werden.
Manche Entscheider machen den Fehler, dass sie immer der letzten gehörten Meinung zustimmen. Auch dies wird auf die Dauer für ihre Position nicht gerade förderlich sein.
Hat man keine Gesprächspartner als Berater, dann kann man immer noch beten.
Im Prinzip heißt dies, dass man seine Entscheidung nicht begründen kann oder will. Damit mag man manchmal richtig liegen, aber bei vielen komplexen Problemen versagt die Intuition. Gerade in Wirtschaftsfragen werden dann die Bauchentscheidungen eine gefährliche Angelegenheit.
Das Bauchgefühl wird gerne in eine Vision verpackt und dann implementiert. Man muss aber auch die vielen kleinen Probleme denken, die es zu lösen gibt und die in der Praxis auch den vielleicht an sich guten Gedanken undurchführbar werden lassen.
Damit gibt man seinem Körper (mit seinen Somatischen Markern) die Gelegenheit die Entscheidung noch einmal in Ruhe zu überprüfen. Man versucht damit das Unbewusste (das emotionale Erfahrungsgedächtnis) mit seiner Vernunft (dem Bewusstsein) in Einklang zu bringen.
Der große Vorteil, wenn man mit seiner Entscheidung glücklich ist, besteht darin, dass man auch bei kleineren Schwierigkeiten in der Durchführung zu ihr steht. Ob sie deshalb wirklich dauerhaft richtig war, kann man bezweifeln, sonst gäbe es viel weniger Scheidungen.
Konkret heißt dies, die Verantwortung für die Folgen nicht übernehmen zu müssen. Muss man entscheiden, hat man ja keine Wahl. Aber oft muss man dies nicht wirklich, sondern jemand anderer versucht nur, seine Entscheidung abzuwälzen.
Was soll ich anziehen? Wenn dies eine Frau fragt, dann kann man getrost die Entscheidung zurückverweisen. Wenn man nicht betroffen ist, dann muss man sich auch nicht einmischen. Wer entscheidet, d.h. auch seine Meinung äußert, mischt sich aber ein.
In der Politik, wenn man nicht weiß, wie die Wirkung einer Entscheidung sein werden, delegiert man klugerweise häufig seine Entscheidung, zum Beispiel an seine Minister. War die Entscheidung falsch, dann muss eben der Minister seinen Job wechseln, seinen eigenen Sitz aber behält man.
Oft wird man durch seine Eitelkeit zu Entscheidungen verführt. "Du kennst dich da ja gut aus", beginnen dann die Anfragen. Nur wenn man sich wirklich gut auskennt, sollte man sich darauf einlassen, ansonsten sind diese Fragen Fallen, aus denen man entweder schlecht wieder rauskommt oder bei denen man zumindest Prestige verlieren kann.
Viele Entscheidungen wären optimal, wenn sie zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffen worden wären. Überall, wo es Zyklen gibt, wird der Zeitpunkt des Handelns die wichtigste Entscheidung sein. Es gibt weniges, wo es nicht auf den Zeitpunkt ankommt.
Systemkenntnisse, Geduld, aber dann auch schnelles Beginnen, erleichtern das richtige Handeln. Oft muss man einfach warten, bis die Zeit reif ist.
Es gibt nur wenige vernünftige Entscheidungen, die für immer gelten können. Es ist daher klug, gleich bei der Entscheidung das Ende festzulegen. Versäumt man dies, dann leidet man bei Veränderungen zu sehr unter den einmal getroffenen Festlegungen.
Auch wenn der Zeithorizont mancher Entscheidungen nicht klar definierbar ist, so sind doch oft Anpassungen an Veränderungen notwendig. Nur so kommt man zu permanenten Verbesserungen.
Auch die Analyse fehlerhafter Entscheidungen kann nützlich sein. Was war gut, was war schlecht? Wer aus Entscheidungen lernen will, wird sich diese Mühe machen.
Einfachheit ist ein wichtiges Merkmal guter Entscheidungen. Nur einfache Regeln kann man befolgen und gut kommunizieren.
Bei großem Zeitdruck übersieht man gerne Alternativen. Man glaubt nur zwischen den wenigen offensichtlichen wählen zu können. Hätte man mehr Zeit, dann würde man lieber das Problem aber grundsätzlich anders lösen.
Diese Lösungsvorschläge beginnen meist mit "Eigentlich sollte man....". Ich habe gelernt, dass dies oft die besten Entscheidungen sind und nenne das Motto dazu "im Zweifel tue stets das Richtige".
Nicht immer hat man diese Option, aber wenn man sie hat, dann lohnt es sich, die kurzfristigen Vorteile gegenüber den längerfristigen aufzugeben.
Man hat zwar mehrere Alternativen, aber jede führt in den Untergang. Das klassische Beispiel ist die Wahl zwischen zwei Zetteln in einer Urne. Auf dem einen soll stehen "Du bist frei", auf dem anderen "Du musst sterben". Tatsächlich steht aber auf beiden "Du musst sterben" und ganz egal, was man zieht, es ist vorbei.
Solche Konflikte erfordern Kreativität, man muss die Ebene verlassen, auf der man entscheiden muss. Im vorgehenden Fall nimmt der Proband einen Zettel aus der Urne und verschluckt ihn sofort. Damit hat er die Falle vermieden.
Verfolgt man die Gehaltsverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern, dann werden auch hier die Alternativen für Gehaltserhöhungen allesamt als verheerend dargestellt. Geht es der Wirtschaft gut, dann stoppen Gehalterhöhungen das Wachstum, geht es ihr mittelmässig, dann wird es danach bergab gehen, geht es ihr schlecht, dann wären Erhöhungen sogar kathastrophal. Aber die Realität zeigt, dass es hier nur um Meinungsmache geht, in den meisten Fällen wird man sich durchaus vernünftig einigen können.
Orakel sind nützlicher, als man denkt. Ihr Image wurde durch zweifelhafte Horoskope und Scharlatane verdorben. Ein gutes Orakel ist eine "Sammlung von ewigen Wahrheiten", das ebenfalls hilft, die engen Denkbahnen beim Entscheiden zu verlassen und etwas Abstand zu gewinnen.
Beispiele für nützliche Orakel sind "Die Kunst der Klugheit" oder das chinesische "I-Ging". Man kann aber auch einfach ein dickes Buch irgendwo aufschlagen, z.B. die Bibel oder ein Lexikon und dort den nächsten Satz lesen.
Selbstverständlich wird man diese Texte nur als Denkanstoss einsetzen und sie nicht wörtlich befolgen, denn das wäre meist dumm. Aber der Denkanstoss in eine neue Richtung kann sehr wesentlich sein.
Man entscheidet sich für das Gegenteil, was die Intuition vorschlägt. Mehr dazu auf einer eigenen Seite dazu.
Wir wissen, dass beide ihre Vorzüge haben, aber auch ihre Nachteile. Die wesentlichen Vorteile einer Kollektiventscheidung sind, dass sie von mehr Menschen getragen werden, dass sie damit - meist als Kompromiss - leichter durchsetzbar sind und dass sie vielleicht besser überlegt sind.
Allerdings sind sie sehr langsam, oft sind die Kompromisse faul, das heißt nur ein Minimum an Übereinstimmung findet sich in ihnen wieder und sie lösen das Problem nicht. Aus der Gruppendynamik wissen wir, dass die beste Einzelentscheidung fast immer besser ist, als die Gruppenentscheidung.
Unsere moderne, komplizierte Welt schafft dafür gute Voraussetzungen. Die Entscheider (Manager oder Politiker) sind sich der Verantwortung entweder nicht mehr bewusst oder wälzen sie ab. Die Finanzkrise 2008 / 2009 ist ein gutes Beispiel dafür. Rating Agenturen haben hohe Sicherheiten vorgetäuscht, aber haben keine Verantwortung dafür übernommen. Die durch Gier geblendeten Finanzmanager haben in der Folge mit ihren Entscheidungen ganze Staaten ins Chaos getrieben.
Aber nicht nur im Großen sind diese Entscheidungen ohne Verantwortung häufig. Auch Bürokraten handeln nicht viel anders. Wo es zu wenig Alternativen gibt, wo keine Transparenz herrscht, es keine Kontrolle gibt, wo ein Machtvakuum herrscht, es keine freie Presse gibt, die Korruption überhand genommen hat, dort fehlt es auch an Verantwortung.
Gerade bei vielen Alternativen wird man Hilfsmittel brauchen, um nicht die Übersicht zu verlieren. Beliebt sind grafische Methoden: z.B. ein Bild, eine Matrix oder ein Baum, vielleicht auch ein Diagramm.
Erst durch das Aufschreiben und Darstellen bekommt man einen Überblick für die Möglichkeiten und die Folgen. Reden allein führt nicht viel weiter. Das sieht man am Deutschen Bundestag, in dem nur geredet wird und wo es keine Möglichkeiten gibt, seine Rede durch eine Grafik zu untermauern. Dies macht doch verständlich, dass viele Entscheidungen aus diesem Haus unbrauchbar sind.
Es erfordert lange Übung, ein guter Entscheider zu werden. Große und vielfältige Sachkenntnis, ein solides moralisches Fundament, Mut und Risikobereitschaft, Leidenschaftslosigkeit in der Analyse, aber Begeisterung bei der Implementierung, exzellente Kommunikationsfähigkeiten, Selbstbewusstsein, unendliche Ausdauer und Geduld, sowie Menschenkenntnis, lernt man nicht über Nacht und in einem Volkshochschulkurs.
Mich stimmt es tröstlich zu wissen, dass es unmöglich ist, immer nur die richtige Entscheidung zu treffen. Dieses Wissen vermittelt ein Gefühl von Freiheit, lässt uns mit den Fehlern besser leben und es beschleunigt Entscheidungsprozesse.
Eine gute Übung sind Probeentscheidungen. Man testet sich an fremden Problemen und versucht spielerisch, ohne großes Risiko, richtig zu entscheiden, z.B. bei einem Börsenspiel. Man gewinnt zwar nichts dabei, aber man sammelt Erfahrungen. Auch die Analyse erfolgreicher, wie auch schief gelaufener Entscheidungen schärft die Sinne dafür, worauf es ankommt.
Vieles wird man zwar nicht abstrahieren und dann generell anwenden können, aber mit jeder Frage gewinnt man an Systemwissen dazu. Dieser reiche Erfahrungsschatz, gepaart mit der Zuversicht, das Richtige zu tun und dem Selbstbewusstsein es zu schaffen und zu vollenden, das macht aus guten Entscheidern erfolgreiche Führungskräfte und glückliche Menschen.
2013
Dr. Otto Buchegger Tübingen
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