Die Praxilogie ?!

Ebenso wie die Auswertung von Beschwerden eine große Fülle von Informationen bringt, so ist auch ein großes Potential in der richtigen Behandlung von Fehlern gegeben. Wir haben schon gesehen, dass es wichtig für die Effektivität und Qualität der Arbeit ist, wenn Fehler gemacht werden dürfen. Aber ähnlich wie die Unfallforschung unschätzbare Einsichten in Verbesserung von Produkten bringt, so bringt auch die Fehleranalyse die entscheidenden Verbesserungen für Prozesse und damit auch für Produkte.

Gute Quellen für Verbesserungen sind die Fehler, die andere machen, sie haben dich nichts gekostet. Und auch die Beinahefehler, Fehler, die man gerade noch entdeckt hat, bevor sie Schaden angerichtet haben, sowie Spiel- und Lernsituationen sind billige Quellen der Erkenntnis.

Für alle gefundenen Fehler ist es effektiv, wenn man seiner Umgebung mitteilt, wie man sie vermeiden kann, das heißt Menschen davor warnt. Vor allem für selbst gemachte Fehler ist dies nicht immer einfach, weil man dadurch auch eingesteht, dass man die Fehler begangen hat. Wer Probleme hat, seine eigenen Fehler zuzugeben, aber dennoch nicht auf den Nutzen verzichten will, die gemachte Erfahrung weiterzugeben, kann diese ja abstrakt und unpersönlich weitergeben. Man habe gehört, dass dies und jenes jemanden passiert sei, und die Lehre daraus sei, etc.

Eine Umgebung, in der es verpönt ist über Fehler zu reden, wird dazu gezwungen sein, immer wieder dieselben Fehler zu machen und immer wieder dasselbe Lehrgeld zu bezahlen.

Eine Firma, in der immer wieder dieselben Fehler vorkommen, wird weniger effektiv sein können, als jene Firmen, die zwar auch Fehler machen, aber die gemachten Erkenntnisse dann - durch geeignete Kommunikation - schnell firmenweit bekanntmachen. Einmal ist keinmal, zweimal ist zu oft! Das heißt solche Firmen sind dann lernende Organisation, sie passen sich schnell an und können so besser überleben.

Von den vielen Fehlervermeidungs- und Fehlerentdeckungsmethoden will ich nur eine vorstellen, eine, die aber universell anwendbar ist und für technische wie nichttechnische Problemsituationen gleichermaßen geeignet ist. Die Methode heißt Inspektion, wenn sie in strenger Form durchgeführt wird, oder Walkthru, wenn es sich um eine etwas lockerere Variante davon handelt. In jedem Fall geht es darum, dass sich eine Gruppe von Menschen das Ergebnis oder Zwischenergebnis einer Arbeit ansieht und konstruktiv versucht, alle Fehler oder auch Schwachstellen zu finden, bevor diese zur Wirkung kommen.

Die Methode der Inspektionen wirkt schon in der kleinsten Gruppe, im Extremfall kann man sich auch selbst oder einem unwissenden Wesen ein Problem bzw. eine Lösung erklären und wird beim Formulieren auch eine Lösung bzw. Fehler finden. Allerdings darf man nicht darauf versessen sein, alle Fehler zu verschleiern, dies wird nur zur Frustration aller Beteiligten führen. Im industriellen Umfeld wird man einige Vorsichtsmaßnahmen einführen, um Ego-Probleme zu reduzieren oder auszuschließen. Zum Beispiel wird die Teilnahme von Chefs dann ausgeschlossen.

Aber ein sehr positiver Nebeneffekt der Inspektionen ist das Lernen durch die Arbeit der anderen. In einem Team, in dem Inspektionen häufig und problemlos möglich sind, wird jeder über alle anderen Arbeiten gut Bescheid wissen und man wird wechselseitig immer das Beste von jemandem anderen übernehmen können.

Man muß aber auch bedenken, dass für Inspektionen sehr viel Zeit notwendig ist, deren Einsatz auch durch das Ergebnis gerechtfertigt sein muß.

Wenn man Fehler in zwei Hauptgruppen einteilt, erstens Abweichung von einer Norm und zweitens falsche Entscheidungen in einem komplexen Umfeld, dann helfen gerade für die zweite, meist viel schwerwiegendere Kategorie Spielsituationen, um damit besser fertig zu werden. Und wer lernt, das Risiko von Fehlern besser einschätzen zu lernen und nicht gleich immer sofort einen Weltuntergang zu vermuten, wird besser und relaxter durchs Leben gehen.

Die Art, wie eine Gruppe, Firma, aber auch Familie mit Fehlern umgeht, wird wesentlich die Qualität und Effektivität beeinflussen. Zuviel Restriktion wird die Kreativität und Freude reduzieren, zuviel Durchgehenlassen oder Tolerieren wird zuviele unnötige Reparaturen und zu viel Schaden verursachen. Auch hier liegt das richtige Maß irgendwo in der Mitte.

Warum es beide Extreme gibt, kann - neben persönlichen Gründen - auch verschiedene kulturelle Ursachen haben. Die Religion spielt eine große Rolle, wo es eine Beichte der Sünden gibt, wird man eher Fehler akzeptieren.

Ebenso spielt der Wohlstand eine große Rolle. Wer reich ist kann sich mehr Fehler erlauben, ohne - wie ein Armer - schon an einem einzigen gleich zugrunde zu gehen.

Militärische Tradition mit Drill und bürokratisches Prozessdenken sind auch nicht gerade förderlich für freies Bekennen von Fehlern und werden eher zum Vertuschen führen und damit die Chancen verhindern, aus Fehlern auch zu lernen.

Fehler dürfen nicht bis zu den Kunden vordringen, das ist klar, denn dort fügen sie konkreten Schaden zu. Aber einzelne, interne Fehler sind akzeptabel und sie helfen auch die eigenen Prozesse zu verstehen und manchmal auch zu verbessern. Wo alles immer perfekt abläuft, führt die kleinste Sondersituation zum totalen Chaos, denn die Menschen haben dann den Umgang damit verlernt.


 

zurück Inhalt weiter


Creative Commons Lizenzvertrag 2013 Dr. Otto Buchegger Tübingen

 

 

Vielen Dank, jede Bestellung über Amazon unterstützt die Praxilogie

 

HOME - Praxilogie Impressum der Praxilogie Email an Otto Buchegger Opa Otto 

Blog Senioren besser verstehen, der Ratgeber für Senioren 

und ihre Betreuer aus Tübingen EUXUS - Reiseberichte 

aus Europa und den USA Buchegger Denkstelle auf www.buchegger.de Die Kunst der Klugheit von Otto Buchegger auf 

www.buchegger.com Die Praxilogie, ein Ratgeber für Lebensmanagement
Der Ewige Garten, ein virtueller Friedhof aus Tübingen SPAPO - Die Spasspost aus Tübingen von Philipp 

Buchegger Link für Amazon Bestellungen YouTube Videos Wikipedia English